In: Gökce Yurdakul, Regina Römhild, Anja Schwanhäußer, Birgit zur Nieden, Aleksandra Lakic, Serhat Karakayali (Hg.): E-Book Project of Humboldt-University Students: Witnessing the Transition: Refugees, Asylum-Seekers and Migrants in Transnational Perspective. Berlin (forthcoming)
Satellitenschüsseln über Océan, einem Stadtviertel in Rabat, ©L. |
Von Kristine Wolf
Dieser Essay ist
Ergebnis eines anhaltenden Austauschs mit Mariol, Louise, Sylvain, Daniel und
Joel[i],
der im Jahr 2012 zunächst mit Daniel und Sylvain in Marokko begann. Über
mehrere Jahre und unterschiedliche Routen legten sie alle den Weg von Kamerun
nach Frankreich und Deutschland zurück. Mariol und Joel sind Ende Zwanzig,
Sylvain und Daniel Anfang Dreißig. Mariols Tochter Louise ist zehn Jahre alt.
Sylvain und Mariol wurden in Marokko ein Paar. Daniel ist seit Kamerun ein
zuverlässiger Weggefährte von Sylvain. Joel lernten sie in Tanger kennen. An
der vorliegenden dichten Beschreibung ihrer Lebenssituation seit Ankunft in
Deutschland wirkten sie als Protagonist_innen beständig und konstruktiv mit: In
zahlreichen Gesprächen, bei gemeinsamen Treffen und Telefonaten, über
Nachrichten via instant-messages-Diensten und sozialen Internet-Plattformen,
auf politisch-aktivistischen Unternehmungen oder bei Terminen mit Anwält_innen,
Flüchtlingshilfsinitiativen und Behörden. Ihnen gilt mein ausdrücklicher Dank
für ihr Vertrauen, aus dem Freundschaft entstand, den inspirierenden
gegenseitigen Austausch und ihre immense Geduld meine Fragen mit anregenden
Antworten zu stillen. Merci la mifa[ii]!
Ankunft in Eisen', ethnografische Spurensuche und globale
Verortungen
Über einen Mitbewohner meiner ehemaligen Wohngemeinschaft in der Altstadt
von Rabat erfahre ich Anfang Mai 2015, dass Sylvain in Deutschland ist. Das
letzte Mal hatte ich mich mit dem 30-jährigen Kameruner ein paar Monate zuvor
über facebook verständigt. Damals waren wir beide in Spanien: Sylvain hatte nach seiner Ankunft im
südspanischen Tarifa im Sommer 2014 mit Madrid und Barcelona zwei weitere
Etappen in Europa erreicht. Ich beschäftigte mich damals mit der Auswertung meines Feldforschungsmaterials in
Murcia, Hauptstadt der gleichnamigen autonomen Region im Südosten Spaniens. Von
hier aus hatten im Jahr 2001 die ersten Protestaktionen der spanischen
Pro-Regularisierungsbewegung ihren Ausgang genommen (Laubenthal 2005;
Laubenthal 2007). Seit Anfang der 2000er Jahre bin ich regelmäßig im transnationalen
sozialen Raum Berlin-Murcia unterwegs. Nicht zuletzt bildete die als „Obst-und
Gemüsegarten Europas“ bezeichnete Region ein Feldforschungssetting im Rahmen
meiner ethnografisch informierten Dissertation im Bereich kritischer Migrations- und Europäisierungsforschung, die ich
momentan an der Humboldt-Universität zu Berlin abschließe.[iii]
Ich kontaktiere Sylvain auf seiner spanischen Handynummer und er begrüßt
mich freudig: „Ouiiii
Kris, nous voilà à Eisen' !!!!“. Ohne in Polizeikontrollen zu geraten, sei er
im April 2015 per Linienbus von Spanien über Frankreich nach Duisburg gelangt.
Von dort wurde er im Zug ins Land Brandenburg in die Zentrale
Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge (ZAST) in Eisenhüttenstadt gebracht. So bald
als möglich erzähle er mir mehr. Tatsächlich zeigen ihn die neuesten Fotos auf
seinem facebook-Profil, das seit seiner Ankunft in Spanien den an
christliche Motive anknüpfenden avatar-Namen der Erbauer trägt: Mit und
ohne Sonnenbrille, den Schirm seiner Baseballmütze tief ins Gesicht geschoben
posierend auf einem menschenleeren Bahnsteig und Bahnhofsvorplatz. Der Titel
seiner Bilderreihe „Le bâtisseur à Berlin“ irritiert. Doch der Verweis auf das
rund 95 km Luftlinie vom strukturschwachen Landkreis Oder-Spree entfernte
Berlin erscheint Sylvain offenbar verheißungsvoller und ein passenderes Element
zur Inszenierung seiner aktuellen Ortsposition für seine virtuelle facebook-Community[iv]. Abgesehen von der überfüllten
Erstaufnahmestelle, von der in der Presse ab und zu die Rede ist, verbinde ich
mit Eisenhüttenstadt Bilder von der in unmittelbarer Nähe liegenden
deutsch-polnischen Grenze samt ihres abwechslungsreichen Oder-Neiße-Radwegs.
Andere werden sich an die ab 1951 erbaute „erste sozialistische Stadt
Deutschlands“ erinnern. Die erste
Stadtneugründung nach dem Zweiten
Weltkrieg, geplant als Wohnstadt für die Arbeiter_innen des neuen
Stahlstandorts „Eisenhüttenkombinat Ost“ (EKO), einige Jahre „Stalinstadt“
genannt. Nach dem Ende des
Realsozialismus beginnend mit dem Berliner Mauerfall 1989 erfassten
tiefgreifende gesellschaftliche Wandlungsprozesse die Arbeits- und
Lebensbedingungen der Eisenhüttenstädter_innen, darunter
einschneidende Entlassungswellen im Werk. Das rasch privatisierte EKO ist heute
Teil des multinationalen weltgrößten Stahlkonzerns Arcelor Mittal und
weiterhin einer der wichtigsten Arbeitgeber der Stadt. Die
Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt existiert seit 1993 und fungierte
über lange Zeit überwiegend als Abschiebegefängnis. Der Komplex liegt außerhalb
des Stadtzentrums. Hier gibt es neben einem abrissreifen Plattenbaukomplex mit
Spielplatz auch einen Supermarkt, der den Neuankömmlingen als Einkaufsquelle
dient. Ich hatte in der Presse gelesen, dass es dort vermehrt zu
Ladendiebstählen gekommen sei und sich seitdem Frust, Argwohn und Ablehnung des
Verkaufspersonals gegen alle vermeintlich in der ZAST untergebrachten
Kund_innen richtet.[v] So bin ich nicht verwundert
als mich Mariol nach der deutschen Übersetzung von „Tu es raciste“ fragt, die
sie bei der nächsten Gelegenheit im Supermarkt anbringen will. Ins Zentrum und
zum Bahnhof sind es 45 Minuten Fußmarsch; die öffentliche Bushaltestelle wird
nur in großen Zeitintervallen angefahren. Kontakt und Austausch mit den
Einwohner_innen dieser historisch einst bedeutsamen[vi], heute von kontinuierlicher
Schrumpfung, Arbeits- und Perspektivlosigkeit geprägten Stadt ist spärlich. Wie
viele andere Asylbewerberwohnheime ist die ZAST unlängst Angriffsfläche für
rassistische Hetze von NPD, AfD und einer selbsternannten „Bürgerwehr“
geworden. Bereits im Jahr 2000 hatte die
Stadtverordnetenversammlung zusammen mit verschiedenen lokalen
Bündnispartner_innen aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft die Aktion Courage gegen Rassismus und für ein „tolerantes und weltoffenes Eisenhüttenstadt“
gegründet.[vii] Aktivist_innen von Lager Watch Eisenhüttenstadt[viii]
dokumentieren in Zusammenarbeit mit der Antirassistischen Initiative Berlin
(ARI)[ix]
die haltlose Situation jener in Abschiebehaft Lebenden und der in der
Aufnahmeeinrichtung untergebrachten Menschen. Die vielfach Hungerstreik bis hin zu Suizid provozierenden
Zustände sind besorgniserregend und rufen in Zusammenhang mit den sukzessive
verschärften und auf rasche Abschiebung ausgerichteten Bestimmungen des
bundesdeutschen Asylrechts bis heute regelmäßig Protestaktionen gegen diese
Einrichtung hervor.
In Eisen' geschehen Registrierung,
Asylantragstellung und Weiterverteilung der Asylsuchenden nach maximal drei Monaten
sowie Festhalten und Abschieben von aufgegriffenen „overstayern“ mit
zurückgewiesenem Asylgesuch[x].
Sylvain, Mariol und Louise bleiben knapp einen Monat in dieser
Durchgangsstation. Sie wohnen in einem kleinen Zimmer, werden im Speisesaal
verpflegt und erhalten alle 10 Tage 47 Euro „Taschengeld“ pro Person. Kindern
steht knapp zehn Euro weniger zu. Louise besucht regelmäßig eine Schule im camp,
wie sie es nennt, und findet schnell Anschluss zu anderen Kindern, die 2015 vor
allem aus Syrien, Afghanistan, Irak, Albanien und Kosovo kommen. Ländern, aus denen Menschen vor kriegerischen
Konflikten, staatlicher Repression, Armut und wirtschaftlicher Not flüchten, um
ein sicheres und würdiges Leben für sich und ihre Kinder in den reichen Staaten
der EU zu suchen. Louises Mutter Mariol und Sylvain besuchen zweimal
wöchentlich einen Deutschkurs. Die intensive smartphone-Betätigung aller
Kursteilnehmer_innen erschwere den Unterricht. Mithilfe dieses inzwischen
günstigen mobilen Kommunikationsmittels halten sie den Kontakt mit Verwandten
und Freunden aufrecht, die im Herkunftsland geblieben sind oder sich gerade auf
der Flucht befinden und per smartphone orientieren. Es ginge mit dem
Deutschlernen für die Erwachsenen nur langsam voran. Sie schlügen sich vor
allem mit ihrem petit anglais durch. Auch Sylvain, Mariol und sogar
Louise haben internetfähige Mobiltelefone. Solange das Guthaben auf ihrer
Prepaid-Karte reicht, verfolgen sie damit die Lage in Kamerun und Marokko und
kontaktieren Familienmitglieder und
Freunde.
Diese und weitere Details, die ihr Leben nach
der Ankunft in Deutschland unmittelbar bestimmen, erfahre ich von Mariol,
Sylvain und Louise im Zug nach Berlin. Ich treffe sie am letzten Maiwochenende
auf dem Eisenhüttenstädter Bahnhof, wo
ich Louise und ihre Mutter Mariol erstmals kennenlerne. Das Wiedersehen mit
Sylvain fällt besonders überschwänglich aus, nachdem wir uns im Juni 2013 in
Rabat in eher angespannt-gedämpfter Stimmung verabschiedet hatten. Sylvain
plante damals mit Daniel zum wiederholten Mal einen längeren Aufenthalt in
Tanger, um die traversé bzw. passage, das heißt den
Grenzübertritt nach Spanien erneut zu versuchen.
Auf dem Weg nach Eisen' nehme ich mir
vor, die bevorstehende Begegnung und alles womöglich Folgende nicht als
Feldforschungsaktivität zu betreiben, sondern diese nun endlich ruhen zu
lassen, um mich weiterhin dem bis dato angesammelten Material widmen zu können.
Ich will hier nun „lediglich unterstützen“ und soweit es mir möglich ist, der
kamerunischen mifa aktiv zur Seite stehen. Mithin, die mit ihrer Ankunft
in Eisen' neu gerahmte Kartographie migrantischer Mobilitäten einiger
aus den subsaharischen Staaten Westafrikas stammender Protagonist_innen, die
mir in Marokko begegnet waren, treibt mich weiter. Die Tatsache, dass sie ihr
Leben inzwischen in Marokko, Spanien, Frankreich und auch Deutschland
einrichten, erscheint mir für mein Forschungsprojekt absolut aussagekräftig.
Unsere Unterhaltungen würden mein Datenkonvolut abrunden, aktualisieren und zum
Teil neue Interpretationen zulassen. Zudem fahre ich nicht das erste Mal nach
Eisenhüttenstadt: Vor einigen Jahren hatte ich dort im Rahmen eines
Studienprojekts am Institut für Europäische Ethnologie der HU Berlin die
Auswirkungen postsozialistischer Transformationsprozesse für Frauen erforscht (Wolf 2008). Sylvain und
Familie hier im „östlichsten deutschen Osten“ zu wieder zu begegnen, wirkt nur
auf den ersten Blick surreal. Führt mir doch ihre Präsenz einmal mehr
gegenwärtige Machtbeziehungen und die unleugbare gesellschaftliche
Konstellation eines vielfältigen, kosmopolitisierten Europas vor Augen, wie es
Beck, Römhild, Sznaider oder Vertovec konzeptualisieren (Beck 2004;
Beck/Sznaider 2006; Beck/Grande; Römhild 2007; Römhild 2009; Römhild 2014).
Nämlich ein durch unterschiedlichste Migrationsbewegungen historisch gewachsener, durch neue und reaktivierte
Mobilitäten sich sich stetig verändernder sozialer Raum. Er ist nicht zuletzt
das Resultat der fortwirkenden historischen Verflechtungen Europas mit jenen
Teilen der Welt darstellt, denen seit Ende des 15. Jahrhunderts der europäische
Kolonialismus und Imperialismus aufgezwungen worden war. Das Ankommen der drei
in Eisen' unterstützt zudem die Thesen des erkenntnistheoretischen
Modells einer Autonomie der Migration (Bojadžijev/Karakayali 2007; Mezzadra 2011; Moulier Boutang 2007; Scheel
2015). Demnach äußert sich die konflikthafte
Relation zwischen selbstbestimmten migrantischen Praktiken des
Grenzüberschreitens und den immer ausgefeilteren EU-staatlichen Versuchen,
diese zu kontrollieren und zu regulieren in der Problematik „ob und wie
viele Menschen versuchen, sich innerhalb und gegen das europäische Grenzregime
Mobilität anzueignen und dadurch den politischen und ökonomischen Status quo,
der durch dieses Grenzregime aufrechterhalten werden soll, in Frage stellen“
(Scheel 2015: 2). Das Ringen um die Ausrichtung der
gesellschaftlichen Verhältnisse im „Zentrum“, als das sich Europa weiterhin
imaginiert, kristallisiert sich im gegenwärtigen Umgang mit
Migrationspraktiken, die so zu umkämpften „Kontrollzonen der Mobilität“ wurden.
Die aktuelle Krise des EU-europäischen Grenzregimes, in der medialen
Öffentlichkeit missverständlich als
„Flüchtlingskrise“ verhandelt, manifestierte sich im Bild des sogenannten
langen Sommers der Migration seit August
2015 (Bojadžijev/
Mezzadra 2015). Die diversen EU-politischen
wie nationalen Versuche, das Primat der Kontrolle zurückzuerlangen und die
Migrationsströme an den EU-Außengrenzen zu managen, mündeten schließlich im
„kalten Herbst“ und im „frostigen Winter“ verschärfter Asylgesetzgebungen, in
der Schließung von Binnengrenzen im Schengenraum, intensivierten Kontrollen an
den EU-Außengrenzen mithilfe von NATO, FRONTEX und neuernannten „sicheren
Herkunftsländern“ im Maghreb, in Asyl-Schnellverfahren, Massenabschiebungen und
Entrechtung von geflüchteten Menschen in Selektions- und Haftzentren. Das
Kontrastprogramm zur politischen Botschaft hilfloser Hysterie im Zuge des
Versagens einer effizienten logistischen und administrativen Organisation von
Registrierung, angemessener Unterbringung und Versorgung der Neuankömmlinge
bildet die anhaltende zivilgesellschaftliche Unterstützung vonseiten unzähliger
engagierter Hilfsinitiativen. Sie bleibt der gesellschaftlich-solidarische
Gegenpol zur diffuse Ängste und Ablehnung schürenden Instrumentalisierung der
krisenhaften Situation durch aufstrebende rechtspopulistische, rassistische und
Neonazi-Gruppen. Mit dem EU-Türkei-Deal vom März 2016[xi] erleben wir nunmehr einen
„zynisch-bitteren Frühling“ der
fortschreitenden Aushebelung des individuellen Rechts auf Asyl, die Auslagerung
der Verantwortung in die Türkei und komplette Aussetzung humanitärer Standards[xii]. Eine sehr ähnliche Situation existiert an der
spanisch-marokkanischen Grenze bereits seit Beginn der 2000er Jahre mit der
bilateral konzertierten illegalen Rückführung jener asylsuchender Menschen, die
es schaffen, die Grenzanlagen der spanischen Exklaven Ceuta und Melilla in
Nordafrika zu überwinden. Anfang 2015 wurde diese Praxis von spanischer Seite
mit der sogenannten ley mordaza legalisiert, was die EU bis dato
permanent toleriert (Wolf 2014). Zahlreiche Bürger- und
Menschenrechtsorganisationen kritisierten die mit diesem sogenannten
Maulkorb-Gesetz verbundene Beschneidung demokratischer Grundwerte, wie des
Rechts auf freie Meinungsäußerung, dessen Ausübung mit hohen Geldstrafen
sanktioniert wird, heftig[xiii]. Über den alltäglichen Umgang mit den
Auswirkungen des EU-Grenzregimes an den südwestlichen Rändern Europas und im
Norden Marokkos können Mariol, Sylvain
und Louise Vieles berichten.
Rückblicke nach Marokko, die euro-afrikanische Kontakt- und
Konfliktzone
In Berlin angekommen, schauen wir beim „Karneval
der Kulturen“ vorbei. Jedes Jahr am Pfingstwochenende hat er einen Teil
Kreuzbergs fest im Griff. Ich möchte meinem Besuch diese festivalähnliche
Veranstaltung mit kostenlosem Programm auf verschiedenen Bühnen, mit der die
Stadt seit Mitte der 1990er Jahre ihr neu entdecktes Image von kultureller
Vielfalt, Heterogenität und Pluralität feiert, trotz des inzwischen stark
kommerzialisierten „Multi-Kulti-Spektakels“(Knecht/ Soysal 2005) nicht
vorenthalten. Auf der „Farafina Bühne“ spielt mit Willy
Sahel ein in Berlin lebender Gitarrist aus dem Tschad jazzige Fusionen
verschiedener westafrikanischer Stile. Die Stimmung im tanzfreudigen Publikum
ist gelöst. Sylvain und Mariol treffen in der Menge Bekannte, die im Rahmen
ihres Asylverfahrens zum Anhörungstermin nach Eisen' gekommen waren,
vorher mit ihnen geplaudert und Erfahrungen und Tipps für weitere Schritte hin
zu einem sicheren Aufenthalt ausgetauscht hatten.
Wenig später sitzen wir unweit meiner Wohnung auf dem Prenzl'Berger
Helmholtzplatz im Halbschatten. Von einer niedrigen Steinmauer am Rande eines
kleinen Sportplatzes aus haben wir Louisa beim Basketballspielen im Blick. Die
Unterhaltung wechselt von der scheinbar friedvollen Kulisse des inzwischen
vollständig modernisierten hochpreisigen Helmi-Kiezes[xiv] hin zu der Zeit, als die drei mit vielen
anderen Mitstreiter_innen, subsaharischen frères et sœurs, in den von
ihnen als ghettos bezeichneten extrem engen Unterkünften von Boukhalef,
einem Außenbezirk von Tanger, lebten [xv].
Hier und auch zeitweise in selbstgebauten
provisorischen Behausungen in den kargen Wäldern, tranquilos, camps
oder bunker genannt, warteten sie auf den passenden Moment, um in die
spanischen Exklaven Ceuta, nahe Tanger bzw. Melilla, nahe Nador oder direkt
nach „grande Espagne“ zu gelangen. Der spanische Teil der iberischen Halbinsel
wird in Abgrenzung zu den Exklaven auf afrikanischem Boden umgangssprachlich
als Großspanien bezeichnet. Sylvain zählt mir die etlichen Male vor, die
sie vergeblich versuchten, im Schlauchboot nach Südspanien zu paddeln. Die
instabilen, oft gebraucht, teils beschädigt auf dem Markt ersteigerten Boote
sind für sechs bzw. in der größeren Version für zwölf Personen ausgelegt. Sie
werden im frankophonen Slang subsaharischer Migrant_innen zodiac genannt,
nach dem französischen Entwickler und ersten Hersteller aufblasbarer
Gummiboote. Sechs Versuche waren es mit Mariol und Louise. Vor seiner
Bekanntschaft mit ihnen wurde er zusammen mit Daniel mehr als zwölf Mal von der
marokkanischen Polizei gewaltsam aufgehalten und oft an die
algerisch-marokkanische Grenze nach Oujda verbracht. Es war Mariol, die Sylvain
davon abgehalten hatte, sich einer kollektiven Aktion von ca. 300 Migrant_innen
anzuschließen, die die Exklave Ceuta am 6. Februar 2014 sowohl schwimmend als auch über die Zäune
erreichen wollten. Die spanische Gendarmerie Guardia Civil zielte damals
am Strand von Tarajal mit Gummigeschossen auf die Migrant_innen, wobei
mindestens 15 von ihnen zu Tode kamen, 50 danach als
vermisst gemeldet, dutzende weitere verletzt und nach Marokko zurückgeschoben
wurden. Der langwierige Prozess gegen die von verschiedenen europäischen
NGO verklagten Polizeibeamten wurde im Herbst 2015 schließlich eingestellt.
Im Vergleich dazu, erklärt Mariol, sei die traversé im
Schlauchboot zwar ein ebenso gefährliches und kräftezehrendes Transportmittel
nach Europa, (schwangere) Frauen und Kinder wären dafür aber weniger der rohen
Gewalt von Grenzschützern ausgesetzt, wie sie sich insbesondere an den
Grenzzäunen von Ceuta und Melilla manifestiere. Auch immer mehr geflüchtete
syrische Familien würden sich für diese Route entscheiden[xvi].
Einen guide, der sich mit 2500 Dirham (rund 250 Euro) sehr gut dafür
bezahlen lässt, eine sichere Route zum Meer zu zeigen, brauche man lediglich
ein einziges Mal, wenn man aufmerksam sei. Alle weiteren Versuche,
einschließlich vorausgehender Ortserkundungen,
Anheuern von Passagieren und das Beschaffen von Materialien (Schlauchboot,
Holzpaddel, Schwimmwesten) könnten anschließend selbständig organisiert werden.
Das nötige Geld für die Materialien verdienten sie durch den Verkauf warmer
Mahlzeiten westafrikanischer Art, die Mariol in Boukhalef zubereitete. Anders
als in Rabat wären Hilfsjobs auf dem Bau, in der Landwirtschaft oder
Gastronomie für Subsahara-Afrikaner_innen in Tanger rar.
Mit einem Stück Holz zeichnet Sylvain eine Skizze des Gebietes mit strategischen
Punkten in den Sandboden des Helmi: Ausgehend von der durch die Polizei
permanent bewachten Küstenstraße, wohin sie die „Automafia“[xvii]
am späten Abend brachte, den anschließend zu durchquerenden Privatgrundstücken
mit hohen Zäunen und scharfen Hunden, über Abwasserrohre balancierend, umgeben
von tiefem Schlamm, bis hin zum point de frappe, jener Stelle, wo das
Schlauchboot direkt ins Meer gelassen wurde. Sylvain scheint wie versunken in
das strategische Bewegungsspiel mit und gegen die hispano-marokkanische
Grenzpolizei, über Stacheldrahtzäune, Mauern und dem kalten Wasser der Straße
von Gibraltar. Dieses Bild hat er wie
eine subjektive mentale Karte verinnerlicht, so oft diente es ihm als
Orientierungs- und Navigationshilfe. Jetzt ruft er das daran geknüpfte und
unter großen Anstrengungen zusammengetragene Wissen noch einmal ab. Jedes
Detail des Ablaufs kann er minutiös wiedergeben. Mariol nickt und erklärt, dass
Sylvain aufgrund seiner Erfahrung und der Tatsache, dass er gut schwimmen und
somit das vollbesetzte Boot von der Küste wegschieben kann, die Verantwortung
für einen der dreizehn Convois übernahm, die in jener Nacht im August
2014 in Richtung des spanischen Küstenortes Tarifa aufbrachen. Alle schafften
es diesmal, ohne abgefangen und nach Marokko zurücktransportiert zu werden. Auf
gefühlt halbem Weg über die Meerenge von Gibraltar sendete Sylvain die
GPS-Daten des Schlauchbootes an Helena Maleno. Die bei vielen subsaharischen
Migrant_innen in Marokko bekannte spanische Journalistin fungiert seit über
zehn Jahren als entscheidende Kontaktperson, insbesondere für Migrant_innen,
die auf dem Weg nach Europa im westlichen Mittelmeer in Seenot geraten. Sie ist
Teil der in Tanger operierenden Gruppe Caminando Fronteras. In ähnlicher
Weise gilt Mussie Zerai, ein inzwischen in der Schweiz arbeitender Priester,
jenen Menschen als Notfallkontakt, die ins zentrale Mittelmeer aufbrechen[xviii].
Mittels der GPS-Daten alarmiert Maleno die Seenotrettung und Küstenwache in der
Hoffnung, dass die Boote sich nicht mehr in marokkanischen Gewässern befinden
und somit von spanischen Rettungseinheiten an Land gebracht werden. Das
funktioniert nicht immer, doch in jener Augustnacht war der spanische salvamento
maritimo ganz in der Nähe ihres Bootes. Sylvain versucht das Gefühl der
Ausgelassenheit und des Glücks in Worte zu fassen, die schwindelerregende
Leichtigkeit, die in ihm aufstieg als er die spanische Flagge auf dem
Rettungsschiff erblickte. Sie verhieß für ihn
Europa. Ich bin erstaunt über das neue Maß an Vertrauen, mit dem Mariol
und Sylvain ihre detaillierte Schilderung der Überfahrt und die Erfahrungen der
schwierigen, entbehrungsvollen Zeit in Tanger mit mir teilen. Sie arrangierten
sich mit den Widrigkeiten dieser prekären Etappe durch beharrlich geschicktes Manövrieren
in heiklen Situationen, scharfes Kalkül ihrer Aktionen und
taktisch-kollaborative Bündnisse mithilfe eines effektiven sozialen Netzwerks
bestehend aus verschiedenen lokal ansässigen euro-afrikanischen und
international tätigen Organisationen, Vertrauenspersonen der subsaharischen
Community sowie diverse Bekannte und Freund_innen der Zivilgesellschaft, mit und ohne
Migrationserfahrung. Auch ich als Forscherin in der kosmopolitisierten
Kontakzone Rabat gehörte dazu.
Am Helmi entsteht spürbar Euphorie nach der anfangs kühlen Abgeklärtheit
ihres Berichts. Diese Themen mit all ihren Einzelheiten waren in unseren
Gesprächen zuvor in Rabat weitgehend Tabu. Ich habe den Eindruck, dass sie
nicht artikuliert wurden, da die Praxis der Überfahrt zwar haargenau
durchgeplant, doch ihre erfolgreiche Realisierung noch bevorstand. Zugegeben,
in einige Details war ich notwendigerweise eingeweiht: die Hilfsmittel hatten
Sylvain und seine Mitbewohner_innen in
dem engen Zimmer vorgeführt, dass sie damals in dem Arbeiter_innen- und Migrant_innenviertel
Takadoum bewohnten. Sie gaben mir auch jedes Mal per sms Bescheid, wenn
ihre Kontakte in Tanger einen günstigen Moment ankündigten und sie sich erneut
auf den Weg zur traversé begaben. Ich wurde oft gebeten, ihnen aktuelle
Infos zu den Wetterverhältnissen auf See zu geben. Sie nahmen dankbar meine
bangen, doch hoffnungsfrohen Wünsche für eine glückende Überfahrt nach Europa
entgegen. Sylvain erinnert mich jetzt an das kleine französisch-spanische
Grammatik- und Konversationsbuch, das ich ihm in Rabat geschenkt hatte. Er
musste es in Tanger lassen. Wir lachen über ein Foto, das Sylvain am Morgen
nach ihrer Ankunft in Tarifa in Unterhosen und kumpelhafter Pose mit einem
Polizisten der Guardia Civil zeigt – Europa sei bezwungen. Wir erzählen
uns Anekdoten über Abende, die wir gemeinsam mit anderen Freund_innen und
Bekannten im kamerunisch-ivorischen maquis[xix]
in Takadoum verbrachten, über gesellig-musikalische Treffen am Stadtstrand
neben der Kasbah und in meiner Wohngemeinschaft in der Medina. Oder wie Mariol
sich mutig und lautstark auf einen der Grenzsoldaten stürzte als dieser einen
jungen Mann aus der zuvor bei einem erneuten Versuch der passage
festgenommenen Gruppe demütigte und zum vollständigen Entkleiden zwang. Hier
auf dem Helmi in Berlin wirkt das Austauschen von Erinnerungen an die
turbulenten Zeit in Marokko heilsam. Unbedingte Offenheit bestimmt seitdem
unser Vertrauensverhältnis. Es ist die notwendige Basis, auf der sie später
meine Hilfe für das Redigieren ihrer Geschichte der persönlichen
Fluchtgründe als Information für ihren Anwalt erbitten.
Zukunft in Deutschland?
Alltag zwischen Asylprozedur, „Willkommenskultur“ und politischer Bewegung
Nach über zwei Jahren eines Lebens im Transit in Marokko haben Louise, Mariol,
Sylvain und viele ihrer Bekannten mit der Ankunft in Spanien und der
Weiterreise in andere EU-Staaten eine entscheidende Etappe hinter sich
gebracht. Doch l'aventure, das „Abenteuer Europa“, sei damit noch
lange nicht beendet, schreibt mir Daniel aus Toulouse, wo er Ende 2014 einen
Asylantrag gestellt hatte und bei einem Bekannten geblieben war, bis er ein
gutes Jahr später nach Madrid zurückgeschickt wurde. Da seine in Tarifa
genommenen Fingerabdrücke im Eurodac-System gespeichert sind, muss gemäß Dublin-Überstellungsverfahren
Spanien als das erste von ihm betretene EU-Mitgliedsland über sein Asylgesuch
entscheiden.
Auch Joel, dem in jener Augustnacht 2014 ebenfalls die Überfahrt nach
Tarifa in einem der Konvois gelang, bestätigt mir Daniels Einschätzung zur aventure
continue. Joel war bereits Anfang September 2014 im Bus von Madrid nach Paris gelangt. Ohne
Aussicht auf eine feste Bleibe, da sich seine privaten Kontakte als
unzuverlässig herausstellten, war Frankreich keine Option mehr für ihn. Er
hörte von den desolaten Zuständen in den Flüchtlingsheimen der französischen
Hauptstadt, der Schwierigkeit von Calais nach England zu gelangen und der
hoffnungslosen Situation der im dortigen „Dschungel“ ausharrenden, ständig von
staatlicher Repression und Räumung bedrohten Flüchtlingen. Durch einen
kamerunischen Bekannten und Mitinitiator der kurz zuvor in Berlin ins Leben
gerufenen Plattform Voix des Migrants, auch beteiligt am Projekt
Watch-the-Med-Alarmphone, erfuhr Joel vom gleichzeitig stattfindenden
Pariser Treffen des Internationalen Kollektivs von Papierlosen und
Migrant_innen (CISPM). Erstmals nahm auch eine Gruppe von Aktivist_innen aus
Deutschland teil, darunter sein Landsmann mit Voix des Migrants,
Mitglieder der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migrantinnen, The
Voice Refugee Forum u.a. Joel hatte
jenen Bekannten ein paar Jahre zuvor in Mali kennengelernt, später dann in
Marokko wiedergetroffen. 2013 hatte dieser
Spanien erreicht. Joel schloß sich der Aktivist_innen-Gruppe auf ihrem
Rückweg nach Berlin an. Er beantragte Asyl und verbrachte die erste Zeit
ebenfalls in Eisen'. Dann wurde er gemäß des zentralen
Verteilerschlüssels des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in ein
anderes Flüchtlingsheim in Brandenburg unweit von Berlin „weiterverteilt“.
Wie bereits Joel konnten auch Sylvain und Mariol in Europa nicht auf ein
funktionierendes soziales Netzwerk zurückgreifen. Jene frères et sœurs in
Frankreich, die vor ihnen über Marokko nach Europa gekommen waren und auf deren
Unterstützung sie gehofft hatten, lebten derzeit selbst in prekären
Verhältnissen und rieten vom Asyl in Frankreich ab.
Sie waren vom südspanischen Tarifa nach Madrid gebracht und dort für
einige Monate von der NGO Movimiento por la Paz beherbergt und verpflegt
worden. Eine in Barcelona lebende Freundin von Sylvains jüngeren Schwester ließ
die drei an ihrer Adresse polizeilich registrieren.[xx]
Allerdings gab es in der kleinen Wohnung nicht ausreichend Platz für alle. So
entschlossen sie sich, Joels Hinweisen zu folgen und besorgten Ende April 2015
Fahrkarten für einen regulären Linienbus, der sie über Frankreich nach
Deutschland brachte. Später frage ich Sylvain, wieso sie sich für Deutschland
entschieden haben, anstatt nach Frankreich zu gehen. Frankreich ist mit
zahlreichen seiner ehemaligen Kolonien auf dem afrikanischen Kontinent,
darunter auch Kamerun, in komplexer Weise verbunden, die anhaltende
neo-imperiale Verflechtungen offenbart. Sylvain argumentiert, dass es dort
schon seit langer Zeit viele blacks und ernste Probleme mit Rassismus
und Gewalt in den Vorstädten gäbe. Sie kämen dahin nur dazu und rechneten sich
kaum Zukunftsperspektiven aus. Deutschland genieße paradoxerweise einen guten
Ruf in Kamerun, da es als erste Imperialmacht das Land 35 Jahre lang
kolonisiert und den dezentralen Städtebau vorangetrieben hatte. Die Ära des
darauffolgenden französischen Kolonialismus mit den bis heute vorherrschenden
Konturen des Françafrique Systems würde von den Kameruner_innen dagegen
sehr negativ erinnert. Außerdem sei ihnen bewusst, dass Frankreich wie Spanien
aktuell von der Finanz- und Schuldenkrise betroffen ist, wogegen Deutschland
viel mehr Arbeitsmöglichkeiten böte. Die unterschiedliche Ausgestaltung der
Asylgesetzgebung in der EU, wobei Deutschland die schärfsten Bestimmungen
aufweist, beeinflusste seine Entscheidung damals nicht. Der Begriff des angeblich so anziehenden Eldorado Europa, einer
Chiffre, die in Presse und einschlägiger Forschungsliteratur häufig im
Zusammenhang mit Migrationsursachen angeführt wird, fällt mit keinem Wort.
Für Joel, Mariol und Sylvain gilt die absolute Priorität, in Deutschland,
„anzukommen“ und über die zuvor in Marokko so lebensnotwendige improvisierte
Findigkeit der débrouille hinaus „richtig Fuß zu fassen“. Anhand dieses
festen Ziels stecken sie de aktuellen Herausforderungen
ab: regularisation, d.h. einen
stabilen, unbefristeten Aufenthaltstitel, eine Arbeitserlaubnis und ausreichend
bezahlte Beschäftigung, Wohnung und (Weiter-)Bildungsmöglichkeiten.
Der Weg dahin ist jedoch ungewiss. Zunächst geben sie sich dafür zwei Jahre.
Nach ihrer Asylantragstellung als Familie erhalten sie den Status Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des
Asylverfahrens[xxi].
Innerhalb kürzester Zeit lernen sie – und ich mit ihnen – die Hürden des repressiven, auf Abschreckung
und Abschiebung orientierten Regelsystems des deutschen Asyl- und
Aufenthaltsrechts kennen.
Richtete sich ihre Empörung in Marokko hauptsächlich gegen gewaltsame
Razzien und push-backs, mit denen marokkanische und spanische
Grenzschützer das Grund- und Menschenrecht auf Asyl unterlaufen, gerät nun
durchaus die vorherrschende bundesdeutsche und EU-europäische
Migrationskontrollpolitik in den Blick.
Als ich Joel erstmals begegne – wir verabreden uns an der moneygram-Filiale
im Wedding, wo Sylvain mühsam zusammen gespartes Geld an Mariols jüngere, noch
in Marokko ausharrende Schwester überweisen will – klagt er
mir seine ungeheure Enttäuschung über das Asylsystem Deutschlands und das
zermürbende Leben im Lager: C'est trop dur la vie dans le Lager ici!
Ebensowenig wie Sylvain und Mariol, hatte sich Joel vorgestellt, dass Menschen aus Kamerun im
vermeintlichen Menschenrechte respektierenden Europe des Droits Humains
lediglich sehr geringe Anerkennungschancen hätten. Er müsse nun unbedingt alternative Wege zum Bleiberecht
finden.
Die absolut unsichere aufenthaltsrechtliche Lage führt ihnen ihr Berliner
Rechtsanwalt, Mitglied des bundesweiten Zusammenschlusses Republikanische
Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV), klar vor Augen. Er ist in Migrations-
und Asylrecht spezialisiert und fordert mit dem RAV insbesondere die
Abschaffung des Sondersanktionssystems der Ausweisungen, die Gewährung eines
adäquaten Schutzstatus für Flüchtlinge und die Gleichbehandlung aller hier
lebenden Menschen.[xxii]
Joel findet in Berlin schnell Zugang zum parteinahen wie auch zum
unabhängigen aktivistischen linkspolitischen Milieu. Auf dem CISPM-Treffen in
Paris hatte er Mitglieder des transnational organisierten Netzwerks
Afrique-Europe-Interact aus Bremen kennengelernt. Seitdem unterstützt er sie
mithilfe seiner praktischen Expertise zum Grenzregime im hispano-marokkanischen
Transitraum und bringt sich in die Vorbereitung von Aktivitäten ein, wie z.B
das im Februar 2015 gestartete Projekt eines „Rasthauses“ für migrantische
Frauen und Kinder in Rabat oder die Gedenk- und Protestaktionen anlässlich des
zweiten Jahrestages der tödlichen Ereignisse am spanischen Tarajal-Strand. Er ist mit einem Mitglied der Partei Die
Linke bekannt und tritt schließlich Ende 2015 in die Linkspartei ein.
Gleichzeitig ist er über ein Jahr lang in einer Gruppe junger Menschen aktiv,
die sich in strukturell-politischer Arbeit und gegenseitiger Unterstützung
gegen Rassismen und weiße Dominanz in der Gesellschaft einsetzt[xxiii].
Hier erfährt er von der seit 2012 in Berlin, Hamburg, München, Wien, Würzburg
und anderen Orten formierten Bewegung und den anhaltenden Kämpfen Geflüchteter
und ihrer Unterstützer_innen. Er teilt die Forderungen nach uneingeschränktem
Bleiberecht, einem selbstorganisierten International Refugee Center und
das gemeinsame Ziel globaler Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit. Wir besuchen die Ausstellung We will rise
– Refugee Bewegung[xxiv],
die Aktivist_innen im November 2015 im Palais am Festungsgraben in Kooperation
mit dem 2. Berliner Herbstsalon[xxv]
präsentieren. In den Ausstellungsboxen mit Videoclips, Fotos und Texten zu den
Protesten erkennt Joel einige subsaharische Freunde aus Kamerun und Marokko
wieder. Ich spreche ihn auf die dort repräsentierten Praxen der Solidarität und
Möglichkeiten der Selbstermächtigung an, und stelle ihm Fragen zu sozialen und
politischen Imaginationen, die er damit eventuell verbindet. Shermin Langhoff, die Intendantin des Gorki
Theaters forderte in einer offenen Diskussionsrunde, zu der der 2. Berliner
Herbstsalon Künstler_innen, Akteur_innen und Initiativen der
Flüchtlingsbewegung zur Reflexion der gegenwärtigen Ereignisse einlud, eine breite und inklusive politische
Bewegung, die solche gesellschaftlichen Horizonte gemeinsam handelnd erstreiten
kann. Auch hier wird deutlich, dass sich die Aushandlungen in aktivistischen
Kreisen immer wieder als kompliziert erweisen. Sie stoßen oft unerwartet an die
unsichtbaren Grenzen der Zuschreibungen, Dominanzen und Paternalismen entlang
ineinander verschobener Bruchlinien von Herkunft, Klasse, Geschlecht und
Migrationserfahrung. In meinem Bemühen ein affirmatives Verständnis dafür zu
schaffen, sich nicht allein, sondern im Bündnis und in kollektiver Verantwortung
mit anderen Menschen, mit und ohne deutschen Pass, für die Veränderung der
eigenen Lage und der Situation aller stark zu machen, ertappe ich mich selbst
oft in der Rolle der politisierenden Aufklärerin, einer Figur, die auf
asymmetrischen Machtbeziehungen fußt.
we will rise-Tag am Kotti weit weg zum FHXB-Museum |
J. in der Ausstellung We will rise – Refugee Bewegung im Palais am Festungsgraben |
Joels aktivistischen Mitstreiter_innen hatten ihm den RAV-Anwalt
empfohlen. Joel und ich raten Mariol und Sylvain wiederum, sich ebenfalls
vorsorglich mit ihm zu besprechen. Er könne dann, sobald nötig, schnell präzise
Schritte zur Verhinderung einer Ausweisung einleiten. Zuvor suchte ich mit
Sylvain auch die Kreuzberger Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge
und Migrant_innen e.V. (KuB) auf. Der Anwalt verdeutlicht ihnen einmal
mehr, dass die Erfolgsaussichten für Asylanträge von Menschen aus Kamerun knapp
20% betragen, da das Auswärtige Amt die dortige Lage momentan als ruhig
einschätzt. Sie besprechen gemeinsam Möglichkeiten, die ihnen in Anbetracht der
verschärften Gesetzeslage bleiben, um einen langfristigen Aufenthalt in
Deutschland sichern zu können. Ihr Rat, unverzüglich zu „Plan B“ überzugehen,
bestimmt seit Sommer 2015 Joels Lebensplanung und einige Monate später auch
Sylvains und Mariols Vorstellungen einer Zukunft in Deutschland. Dazu gehört
neben dem Fortsetzen der Integrationsbemühungen und Erlernen der deutschen
Sprache auch das Erwägen einer tiefgreifenden und zeitintensiven Analyse und
psychotherapeutischen Behandlung der auf dem Weg nach Deutschland erlebten
Ereignisse.
Ende 2015 erlebe ich Joel niedergeschlagen und frustriert. Er wälze im Kopf ständig Gedanken darüber,
welche der „méthodes“ in seiner belastenden Situation mit geringen legalen
Bleiberechtsmöglichkeiten die Geeignete sei, vertraut er mir verzweifelt an. Je
dois patienter mais je suis vraiment fatigué de tout! Die nötige Geduld
könne er nur noch schwer aufbringen. Noch habe er keine heiratswillige Person
gefunden und sei erschöpft von dem anstrengenden Rhythmus, den die politische
Arbeit mit vielen Terminen und Treffen mit sich bringt. Ihn treibt permanente
Furcht vor einer direkten Abschiebung nach Kamerun, und die Frage, ob und wie
er all die Mühen und Kosten für Europa danach noch einmal werde aufbringen
können. Die Ausweisung ist jederzeit möglich, sofern seine
Aufenthaltsgestattung aufgrund der negativen Asylentscheidung nicht verlängert
wird. Er hofft, dass sein Anwalt frühzeitig davon erfährt und einschreiten
kann. In diesen zermürbenden Momenten zweifelt er den Sinn organisierter
Solidarität als Grundlage politischer Arbeit und die Möglichkeit des Schutzes
Einzelner durch kollektive Aktionen, über die wir uns immer wieder verständigt
hatten, an. Zu viele seiner engagierten migrantischen Mitstreiter_innen sind
bereits ausgewiesen worden. So zieht er sich mürrisch vor Enttäuschung zurück
und kündigt mir an, sich lieber allein durchschlagen zu wollen, als auf die zum
Scheitern verurteilte Hilfe anderer angewiesen zu sein zurück Obendrein wartete
er zu dem Zeitpunkt ungeduldig auf die Erteilung einer Arbeitserlaubnis durch
die zuständige Ausländerbehörde.[xxvi]
Über einen Freund im Flüchtlingsheim hatte er ein Jobangebot im Logistikzentrum
eines online-Möbelhauses erhalten, mit regulärem Arbeitsvertrag auf
Mindestlohnbasis. Ohne dieses Einkommen als finanzielle Grundlage wird er
weiterhin im Flüchtlingsheim leben und seine Familie in Kamerun auf seine
Unterstützung warten müssen. Das knapp berechnete monatliche Taschengeld reicht
gerade, um die Fahrtkosten zum Deutschkurs, den er sich selbst gesucht hat,
abzudecken oder für die nötigen Dinge des täglichen Lebens, aber gar nicht für
Besuche in Berlin. Für Joel seien der psychische Stress und fortwährende Druck hier viel stärker als in Marokko. Dort habe er mit vergleichsweise weniger
Befürchtungen gerungen. Denn dort sei das einzige Ziel gewesen, nach Europa zu
gelangen. In Deutschland aber sei alles viel komplizierter und komplexer. Es
liege sehr wenig in seiner eigenen Hand. Er spüre sehr stark die Abhängigkeit
von den scheinbar unberechenbaren Behörden. Diese absolut unsicheren und
existenzbedrohenden Verhältnisse ließen ihn nicht schlafen.
Eine teilweise Erleichterung, zumindest in der
finanziellen Notlage, erfährt Joel Anfang 2016. Die beantragte Arbeitserlaubnis wird per Stempel
genehmigt und seine Aufenthaltsgestattung verlängert. So kann er die
Vollzeitstelle antreten. Nichtsdestotrotz gibt ihm sein Anwalt zu bedenken, dass
ein Arbeitsvertrag in keiner Weise vor
Abschiebung bewahrt. Das zeigen in drastischer Weise die zahlreichen Fälle, in
denen Menschen mit dem aufenthaltsrechtlichen Status der Duldung ausgewiesen
oder zurückgeführt werden, obwohl sie zuvor jahrelang ein „reguläres“ Leben
geführt hatten, und vermeintlich tadellos in die Gesellschaft integriert waren
durch Schulbesuch, Ausbildung oder festen Arbeitsplatz.
Sylvain
kennt die Zwänge und Grübeleien, die Joel bedrücken. Denn auch er und
Mariol sinnen auf alternative Strategien, falls ihr Asylgesuch abgelehnt wird.
Dazu kommt in ihrem Fall die Besonderheit, dass ihre in Marokko geknüpfte
Partnerschaft hart auf die Probe gestellt würde, wenn es darum geht zu
entscheiden, wie eine Zukunft in Deutschland und Europa für sie möglich und ob
sie diese dann gemeinsam werden gestalten können. Bisher gelingt es Sylvain
erstaunlich gut, zuversichtlich zu bleiben. Die Tatsache, dass er und Mariol
sich in ihrer Partnerschaft gegenseitig unterstützen und Kraft geben, trägt
fraglos zu mehr Gelassenheit bei. Seit Juni 2015 sind die drei in einem für
Familien ausgerichteten Asylbewerberwohnheim in einer kleinen
Brandenburgischen Stadt untergebracht[xxvii].
Sylvain fällt es hier leicht, innerhalb und außerhalb des Heims soziale
Kontakte zu pflegen. Er halte es für wichtig, mit den Leuten in seiner Umgebung
gut klarzukommen und suche keine Konflikte. So ist die Familie mit dem älteren,
gesprächigen Herrn vom Sicherheitspersonal gut bekannt. Der lässt Sylvain auf
dem Parkplatz mit seinem Wagen herumfahren, den Rasenmäher bedienen und legt
ihnen gespendete Kleidungsstücke zurück. Im angrenzenden Krankenhaus arbeitet
der ebenfalls erst vor kurzem zugezogene Assistenzarzt Lisias. Er ist
deutsch-griechischer Herkunft und spielt sehr viel Gitarre. Lisias ist ein
guter Freund der Familie geworden. Sie verbringen gemeinsame Nachmittage mit
ihm. Nicht zuletzt können sie auch auf einen wohlwollenden und hilfsbereiten
Heimleiter zählen. Er unterstützt sie beim korrekten Aufsetzen von Dokumenten.
So half er ihre Anfrage nach dezentraler Unterbringung an das zuständige
„Kreissozialamt für Straßenverkehr und Ausländerwesen“ zu schicken, einem
Ersuchen, das bisher erfolglos blieb.
Diese Art der sozialen Bindung zieht Sylvain der verordnet wirkenden Geste der
„Willkommenskultur“ vor, wie sie zum Beispiel in der sporadischen
kommunalpolitischen Organisation interkultureller Fußballturniere zum Ausdruck
kommt, vor. Diese Veranstaltungen würden
ihn nerven, da vom gemeinsamen Sportsgeist in gemischten Teams nach dem Spiel
wenig übrig bliebe. Wenn das Verbindende nicht weiter gepflegt und verstetigt
werde, übertrage es sich nicht im Alltag.
War es in Marokko Mariol, die bei der Durchführung gemeinsamer Aktionen
für alle großen Einsatz, Mut und einen starken Willen bewies, womit sie die
Gruppe zusammenhielt, so ist es in Deutschland Sylvain, der sie kontinuierlich
motiviert. Er macht der 10-jährigen Louise bewusst, wie wichtig das Lesen
deutschsprachiger Bücher ist, die ihr von vielen Seiten geschenkt werden,
ebenso wie das Erledigen der Aufgaben für die Schule. Louise wurde inzwischen
in die vierte Klassenstufe versetzt, lernt in einer Regelklasse und benötigt
inzwischen den Deutsch-Förderunterricht nicht mehr. Nach anfänglichen
Schwierigkeiten hat sie Freund_innen in der Schule gefunden und fühlt sich wohl.
Mariol dagegen ist vom Leben im Lager frustriert. Sie ärgert sich
über die rassistische Haltung einiger südosteuropäischer Erwachsener im
Wohnheim, deren Kinder jene Äußerungen beim Spielen mit Louise nachplappern.
Sie wünscht sich ein Kind von Sylvain, weiß jedoch, dass dies ein denkbar
schlechter Zeitpunkt dafür ist. Ohne Beschäftigung außerhalb des Wohnheims
langweilt sie sich. Das örtliche Jobcenter hatte zwar ihre Lebensläufe und die
bevorzugten Arbeitsbereiche abgefragt, doch bisher kam kein Angebot. Mariol
meint, Syrer_innen würden oftmals privilegiert behandelt, dürften einen
Intensiv-Deutschkurs mit drei bis fünf Stunden pro Tag gleich gegenüber des
Heims besuchen. Sie selbst müsse seit Herbst 2015 für die tägliche
Unterrichtsstunde mit dem Bus an einen anderen Ort fahren. Diese
Ungleichbehandlung alarmierte mich, zumal ich gelesen hatte, dass jenen
Asylbewerber_innen mit geringen Chancen auf Anerkennung das Recht auf
Sprachkurse vorenthalten werde. Es beruhigte mich, bald zu erfahren, dass sie
sich für Mitte März 2016 in einen neuen Intensivkurs einschreiben durften. Bis
dahin hatte sich Mariol allerdings bereits einen Platz in dem Deutschunterricht
gegenüber des Wohnheims erkämpft: Sie hatte sich mit den anderen in die Klasse
gesetzt und der Lehrperson forsch auf Deutsch mitgeteilt, sie wolle auch wieder
hier lernen und durfte bleiben.
Anfang 2016 wurde dann auch Sylvain unruhig. Er müsse endlich etwas tun, il
faut bouger, m'occuper. Über einen Bekannten fand er Arbeit mit einem
informellen Vertrag in der housekeeping-Abteilung eines renommierten
Fünf-Sterne-Hotels in Berlin. Er pendelte über einen Monat nach Berlin und
übernachtete auch eine Zeitlang bei mir, um Kräfte und Ressourcen zu sparen.
Dann entschied er, dass sich der Aufwand angesichts der enormen Unterbezahlung
und erniedrigenden Behandlung durch einige Vorgesetzte nicht lohne. In seinem
unendlichen Optimismus gibt er mir anhand einer bekannten Redewendung zu
verstehen, dass es momentan sehr schwer sei, sich durchzuschlagen, es doch
allemal vorangehen müsse: il nous faut avancer et manger où le chèvre est
attaché. Mitte Februar holt Sylvain
seinen Gehaltsnachweis vom Hotel ab und nennt mir entsetzt die geringe Summe,
die ihm nach allen Abzügen verbleibt. In seiner Empörung schließt er sich mir
an und geht zu seiner ersten Demo gegen das Asylpaket II und die darin
zementierte Politik der Abschreckung und gesellschaftlichen Spaltung. Es
geht vom LaGeSo in der Moabiter Turmstraße zum Reichstag. Sylvain ist
begeistert von der kraftvollen, kämpferischen Atmosphäre, die von den
zahlreichen migrationspolitischen und Geflüchtetenhilfs-Initiativen mit ihren
„Lauti“-Wagen geschaffen wird und die große Menge der Demonstrant_innen zum
Skandieren, Tanzen und Mitsingen widerständiger Songs von Interpreten franko-
und anglophon-afrikanischer, arabischer oder serbokroatischer Sprachen treibt.
Ein paar Wochen später wird auch diese Asylrechtsverschärfung vom Parlament
verabschiedet.
Ohne Begründung und ohne über den Fortgang ihres Asylgesuchs informiert
worden zu sein, erhalten Sylvain und Mariol Anfang März 2016 plötzlich den
aufenthaltsrechtlichen Status der Duldung, d.h. die „vorübergehende Aussetzung
der Abschiebung“. Sie kann jederzeit aufgehoben und die Familie ausgewiesen
werden. Sylvain schickt mir ein Photo des Dokuments mit dem berüchtigten roten
Balken per whatsapp. Und kurz darauf kommt die für Ende April angesetzte
Ladung zum grand interview, die persönliche Anhörung ihrer
Asylgründe beim BAMF – wiederum in Eisen'.
(Berlin, im April 2016)
S. Auf der Demo gegen Asylpaket II, Februar 2016 |
[i] Alle im Text auftauchenden Personen wurden
anonymisiert.
[ii] Die Selbstbezeichnung mifa bedeutet
in der französischen Jugend- und Umgangssprache des Verlan Familie. Sie
entsteht aus der Umkehrung von Silben.
[iii] In meiner Dissertation untersuche ich
die verändernden Wirkungen, welche postkoloniale migrantische Mobilitäten an den Rändern EU-Europas
hervorrufen: es geht um migrantische Bewegungen, Solidaritäten und soziale
sowie politische Imaginationen der Akteur_innen. Die konkreten lokalen Schauplätzen
der sich stetig formierenden und ausdifferenzierenden
Einwanderungsgesellschaften zwischen Rabat in Nordmarokko und Murcia in
Südostspanien begreife ich als paradigmatische
Schauplätze. Mit Blick auf aktuelle Migrationsdynamiken und besonderer
Berücksichtigung diverser Effekte der anhaltenden
europäischen Schulden- und Finanzkrise kommt es hier zu unterschiedlichsten Begegnungen und Konstellationen.
Abgrenzungen und Abwehr prägen den gesellschaftlichen Alltag ebenso wie
Vernetzungen, solidarischen Bündnisse, Selbstorganisation und kontinuierlichen
Aushandlungen zwischen vermeintlich klar abgrenzbaren Kategorien von
Mobilitäten und mobiler Menschen, zwischen sogenannten einheimischen
Staatsbürger/innen und migrantischen fremden „Anderen“. Das EUro-afrikanische
Grenz- und Migrationskontrollregime wird im Zuge dieser Bewegungen situativ zu
Neuaushandlungen herausgefordert. Indem es taktisch unterwandert und überwunden wird,
werden die von ihm tradierten Dichotomien und Grenzen in Frage
gestellt und transformiert. Während meiner zwischen September
2012 und November 2013 in Rabat und Murcia betriebenen Feldforschung
beschäftigte ich mit verschiedenen staatlichen, intergouvernementalen und
nicht-staatlich zivilgesellschaftlichen Akteur_innen und den dort präsenten
sozialen als auch politischen Imaginationen und
Wissenspraktiken über das „Einwanderungsland Europa“ , im Sinne meiner
These einer „imaginären und kritischen Europäisierung von unten“. Ich arbeitete in
Rabat insbesondere mit Migrant_innenorganisationen, wie dem Conseil
des Migrants Subsahariens au Maroc und
der Organisation Démocratique du Travail - Immigrés (ODT-I) als erste
Gewerkschaftssektion für Arbeitsmigrant_innen für den afrikanischen Raum. In
Murcia forschte ich zu zwei lokalen Gruppen der spanischen Plattform Hypotheken-Betroffener und gegen
Zwangsräumung (Plataforma de Afectados por la Hipoteca – PAH).
[iv] Als wir
gemeinsam die facebook-Profile von ihren Freund_innen begutachten,
erfahre ich, dass alle Nutzer_innen Bescheid wüssten, wie die zum Teil
prätentiösen Profilbilder zustande kommen, auf denen sich oftmals mit teuren
Statussymbolen im öffentlichen Raum posierend oder auch in witzig-grotesken
Collagen in Szene gesetzt wird. Das sei im Moment angesagt, niemand erwarte
jedoch sich von den blendenden Darstellungen verlässliche Aussagen über die
tatsächliche Lebenssituation der Person.
[v] Vgl. http://www.taz.de/!5031163/, aufgerufen
am 08.06.2016 und
http://www.svz.de/regionales/brandenburg/wo-angst-in-hass-umschlaegt-id10435741.html,
aufgerufen am 08.06.2016
[vi] Davon zeugt das Dokumentationszentrum
Alltagskultur der DDR in Eisenhüttenstadt. Es befragt die materielle Kultur
des Alltags in Verbindung mit einer breitangelegten Aufarbeitung der
DDR-Geschichte, um „auf diese Weise zu einem vertieften Verständnis der
deutschen Geschichte nach 1945 beizutragen.“ (vgl. http://www.alltagskultur-ddr.de/das-museum/konzeption/,
aufgerufen am 08.06.2016)
[vii] Vgl.
http://www.eisenhuettenstadt.de/images/load/2015_03_31_Erklaerung%20der%20Aktion%20Courage%20Eisenhttenstadt.pdf,
aufgerufen am 08.06.2016
[viii] Vgl. http://lagerwatcheisen.blogsport.eu, aufgerufen
am 08.06.2016
[ix] Vgl. http://www.ari-berlin.org/, aufgerufen
am 08.06.2016
[x] Eine aufschlussreiche Reportage zur
Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt wurde am 27.02.2014 im ZEIT-Magazin
veröffentlicht: http://www.zeit.de/zeit-magazin/fluechtlinge-in-deutschland,
aufgerufen am 08.06.2016
[xi] Vgl.
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-16-963_fr.htm, aufgerufen am
08.06.2016
[xii] Vgl.
https://www.proasyl.de/news/abschiebungen-und-haftlager-der-eu-tuerkei-deal-und-seine-verheerenden-folgen/,
aufgerufen am 08.06.2016;
http://bordermonitoring.eu/griechenland/2016/03/eu-tuerkei-deal-und-seine-folgen/,
aufgerufen am 08.06.2016;
https://alarmphone.org/en/2016/03/20/the-week-that-europe-agrees-on-inhumane-deal-with-turkey-many-die-at-sea/?post_type_release_type=post,
aufgerufen am 08.06.2016
[xiii] Vgl.
https://www.freitag.de/autoren/dame-von-welt/demokratieabschaffung-spanisch-ley-mordaza,
aufgerufen am 08.06.2016
[xiv] Der Kiez
mutet idyllisch an, stellt jedoch tatsächlich eine typische gesellschaftliche Konfliktzone
dar, wo im Rahmen von liberalisierter Stadtentwicklungspolitik starke
Verdrängungsmechanismen ausgelöst wurden und soziale Gegensätze
aufeinanderprallen: Die zahlreichen Versuche der meist aus Südwestdeutschland
zugezogenen Anwohner_innen, die von Punks und Wohnungslosen als Treffpunkt
genutzte Mittelinsel des von zwei Spielplätzen gesäumten Platzes definitiv
räumen zu lassen, scheiterten bisher. So müssen sich besorgte Eltern, Kinder
und sozial an den Rand Gedrängte – unterstützt vom Nachbarschaftshaus –
weiterhin in der die Mitte des Platzes durchziehende Bruchzone, wo
Tischtennisplatten alle Gruppen gleichmäßig anziehen, miteinander arrangieren.
[xv] Viele
leerstehende Wohnungen und Appartment-Ruinen, als Ferienwohnung bzw.
zukünftigen Alterswohnsitz von derzeit in der EU lebenden Marokkaner_innen geplant und errichtet, wurden anfangs von
Subsahara-Afrikaner_innen besetzt. Bald übernahmen Marokkaner_innen den gut
florierenden informellen Markt, indem sie sich selbst Zugang zu freien Wohnungen verschafften und diese
systematisch an subsaharischen Migrant_innen vermieteten. Im Zuge vermehrter
rassistischer Übergriffe ansässiger Gruppen, tödlicher Polizeirazzien und
kontinuierlicher Räumung, Abschiebung und Abtransport der Migrant_innen aus
Tanger, Nador und den angrenzenden Wäldern in provisorische Lager in Südmarokko
seit Ende 2014 ist es in unmittelbarer Nähe der Enklaven ruhiger geworden.
Migrant_innen, die weiterhin nach Europa wollen, bereiten ihre Überfahrt mit
noch größerer Vorsicht vor und harren im schwer zugänglichen Hinterland aus.
Viele zogen sich für längere Zeit nach Rabat, Casablanca, Fes, Meknes, aber
auch nach Layoune zurück, wo die Migrationsroute zu den Kanarischen Inseln
reaktiviert wurde. Die 100 bis 500 km westlich vor der afrikanischen Küste
liegenden, politisch zu Spanien gehörende Inselgruppe war schon in den Jahren
2000 bis 2009 stark für die gefährlichen Überfahrten in pateras
genannten Fischerbooten frequentiert worden. (Tyszler u.a. 2015; Dünnwald u.a.
2013)
[xvi] Mariol
berichtet von der schwierigen Lage geflüchteter Menschen, oft Familien, aus
Syrien. Sie suchen seit Beginn des Krieges 2011 auch in Marokko Schutz. Die
Regierung hatte zunächst ein Kontingent für syrische Flüchtlinge einrichtet, im
August 2015 schließlich eine Visapflicht für Libyer_innen und Syrer_innen
eingeführt. Viele harren nun vor Melilla aus, wo Spanien Ende 2014 ein
offizielles Asylbüro eröffnete. In spanisch-marokkanischer Übereinkunft wird
der Zugang streng durch marokkanische Sicherheitskräfte bewacht. Recherchen von
NGO vor Ort ergaben, dass die 50 dort pro Tag passierenden Personen jeweils
rund 1000 Euro direkt an die Grenzschützer bzw. an mit ihnen zusammenarbeitende
Einwohner zahlen. In dem für rund 500 Personen ausgelegte und in den Jahren 2014
und 2015 mit bis zu 1500 Flüchtlingen stark überfüllten Aufnahmezentrum CETI in
Melilla warteten sie viele Monate, einige sogar Jahre auf den üblicherweise
nach einem bis drei Monaten stattfindenden Transfer auf das spanische Festland.
Angesichts dieser aussichtslosen Lage bevorzugten viele, ihr Geld in eine
lebensgefährliche Überfahrt per patera oder zodiak zu
investieren. (Migreurop/Gadem 2015) Im März 2016 sinkt die Zahl der Insassen im
CETI seit vielen Jahren erstmals wieder auf unter 500, nachdem ein Großteil
nach Spanien gebracht wurde und Anfang 2016 sehr viel weniger Syrer_innen Asyl
beantragten. Mit dem EU-Türkei-Deal erwarten lokale NGO jedoch eine erneut
stärkere Nutzung der nordwestafrikanischen Route über Marokko.
(http://www.eldiario.es/desalambre/CETI-Melilla-acoge-refugiados-primera_0_492401422.html,
aufgerufen am 08.06.2016)
[xvii] In das verzweigte System von
Entscheidungsträger_innen, Dienstleister_innen und Informationsträger_innen,
die die Überfahrten erst ermöglichen, sind nach Aussage meiner
Protagonist_innen eine Reihe lokaler Angestellter von Polizei, Grenzschutz und
Küstenwache involviert, ebenso wie deren Hilfskräfte aus der Zivilgesellschaft.
Dazu gehören auch bereits länger in Marokko ansässige subsaharische
Kollaborateure, die in dieser Schattenökonomie ihren Lebensunterhalt verdienen.
Nicht selten scheitern die „traversés“ an Täuschungsaktionen unredlicher
Chauffeure, die ihre Passagiere nicht am vereinbarten Ort absetzen, sondern sie
in einen Hinterhalt locken, wo ihnen Komplizen, das Material für die Überfahrt,
Mobiltelefone und Geld abnehmen, um es auf dem Schwarzmarkt in Tanger
gewinnbringend weiterzuverkaufen; schließlich wird die am Coup beteiligte
Polizei verständigt und die Beute mit ihr geteilt.
[xviii] Seit Oktober 2014 betreibt die von
europäischen zivilgesellschaftlichen Akteuren gestartete Initiative Watch
The Med Alarm Phone eine unabhängige Notruf-Hotline für Flüchtlinge in
Seenot. Die Nummer ist im gesamten Mittelmeerraum rund um die Uhr erreichbar
und wird in den zentralen Transitregionen verbreitet. So betreut auch in
Nordmarokko eine kleine Gruppe von Freiwilligen die Notrufnummer und gibt die
an sie gesendeten Infos und Koordinaten an die Küstenwache weiter. Im
Vordergrund steht die Rettung schiffbrüchiger Menschen, nicht deren Verbringen
auf EU-europäischen Boden. Die Initiative soll darüber hinaus die Situation an
den südlichen Rändern des EU-Schengenraums und
die mit dem EU-Grenzkontroll- und Migrationsregime einhergehende
politische Verantwortungslosigkeit dokumentieren (www.watchthemed.net).
[xix] Maquis nennen die frankophonen
Westafrikaner_innen gesellige, Kneipen ähnliche Orte, wo warme Mahlzeiten
serviert, Alkohol ausgeschenkt, geraucht und getanzt wird. In Takadoum
fungierte meist ein Raum im Eingangsbereich eines an Subsahara-Afrikaner
vermieteten, aus mehreren kleinen kahlen Zimmern und Toilette bestehenden Hauses. Ursprünglich bezeichnet
der Begriff den undurchdringlichen Buschwald (Macchie) in den
Mittelmeerländern, wo sich Banditen, Partisanen u.a. sogenannte Gesetzlose
versteckt hielten. Maquis ist daher auch Synonym für
Untergrundbewegungen, wie zum Beispiel Gruppen der französischen Résistance
im zweiten Weltkrieg.
[xx] Den
Behörden einen offiziellen Wohnsitz vorzuweisen, könnte sich bei
Abschiebungsgefahr als hilfreicher Hinderungsgrund erweisen.
[xxi] Der Ausweis ist mit folgendem Zusatz
versehen: in der Zeit ist selbständige
Erwerbstätigkeit nicht gestattet, Arbeitsaufnahme erlaubt, wenn
Arbeitserlaubnis vom zuständigen Arbeitsamt erteilt worden ist, Aufnahme eines
Studiums oder einer sonstigen Berufsausbildung nicht gestattet
[xxii] Der Einsatz für Flüchtlinge,
Illegalisierte und Nichtdeutsche ist seit Jahren eines der zentralen
Aufgabengebiete des RAV. (Vgl. http://www.rav.de/themen/migration-asyl/,
aufgerufen am 08.06.2016)
[xxiii] Die Initiative von „Menschen mit und ohne
Aufenthaltsstatus, mit und ohne Flucht- oder Migrationserfahrungen“ kooperierr mit unterschiedlichen
antirassistischen Gruppen in Berlin und Brandenburg.
[xxiv] We Will Rise versteht sich als
wachsende Wanderausstellung und Archiv und wurde von einem Kollektiv von
Menschen aus der Berliner Flüchtlingsbewegung erarbeitet. Das Projekt will Raum
für Reflektion innerhalb der Bewegung und Austausch mit Menschen schaffen, die
(noch) nicht Teil der Bewegung sind. (Vgl.
http://www.fhxb-museum.de/index.php?id=382, aufgerufen am 08.06.2016;
http://www.gorki.de/spielplan/festivals/zweiter-berliner-herbstsalon/we-will-rise/,
aufgerufen am 08.06.2016)
[xxv] Der 2. Berliner Herbstsalon zum Thema Flucht
fand vom 13.– 29. November 2015 und wurde von Shermin Langhoff mit Aljoscha
Begrich, Çağla İlk und Antje Weitzel organisiert. Das Programm stellt Fragen
zum Thema Flucht in den Mittelpunkt, die die Bürger_innen Berlins und Europas
weiterhin polarisieren, momentan gar zu „zerreißen“ drohen: Wohin fliehen Menschen, wenn sie nach Berlin fliehen?
Wie kann aus Solidaritätsbewegungen politisches Handeln entstehen? (Vgl.
http://www.gorki.de/spielplan/festivals/zweiter-berliner-herbstsalon/, aufgerufen am 08.06.2016).
[xxvi] Ein vollständiges Arbeitsverbot besteht
für Flüchtlinge im Asylverfahren oder mit einer Duldung besteht mittlerweile
aufgrund einer Liberalisierung im November 2014 nur noch in den ersten drei
Monaten. Danach darf eine berufliche Tätigkeit aufgenommen werden, allerdings
nur in Form eines nachrangigen Arbeitsmarktzuganges. Eine volle
Beschäftigungserlaubnis erhalten sie nach 15 Monaten – zuvor mussten sie vier Jahre warten. Laut Pro Asyl erweist sich dies „in der
Praxis immer wieder als hohe Hürde. Denn der „nachrangige Zugang“ zum
Arbeitsmarkt bedeutet, dass die Betroffenen bei der Arbeitssuche bei jeder in
Frage kommenden Stelle ein Verfahren durchlaufen müssen, bei dem geprüft wird,
ob ein bevorrechtigter Arbeitnehmer, zum Beispiel Deutsche oder EU-Ausländer,
für diese Arbeitsstelle in Frage kommt. Nur bei Ausbildungen entfällt die
Vorrangprüfung.“ Zudem wurde die Liberalisierung der Arbeitsverbote im
Gesetzestext so formuliert, dass nach drei Monaten eine Arbeitserlaubnis
erteilt werden „kann“, aber nicht „soll“. Die Ausländerbehörden verfügen damit
über einen großen Ermessensspielraum, um auch in anderen Fällen eine
Arbeitserlaubnis zu verweigern (Vgl.
https://www.proasyl.de/news/arbeitsmarktzugang-fuer-fluechtlinge-weiterhin-hohe-huerden/, aufgerufen am
08.06.2016).
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Autorin
Kristine Wolf ist Doktorandin am Institut für Europäische Ethnologie.
Bitte diesen Beitrag wie folgt zitieren: Kristine Wolf (2016): „Kris, nous voilà à Eisen'“ – migrantische Bewegungen, Solidaritäten und soziale Imagination im kosmopolitisierten EU-Europa. Ethnografische Momentaufnahmen Kamerunischer Migrant_innen in Berlin-Brandenburg. In: Gökce Yurdakul, Regina Römhild, Anja Schwanhäußer, Birgit zur Nieden, Aleksandra Lakic, Serhat Karakayali (Hg.): E-Book Project of Humboldt-University Students: Witnessing the Transition: Refugees, Asylum-Seekers and Migrants in Transnational Perspective. Preview (Weblog), https://www.blogger.com/blogger.g?blogID=863130166696833325#editor/target=post;postID=3697950972162993466;onPublishedMenu=allposts;onClosedMenu=allposts;postNum=0;src=link